Autor: Karin Lehmann

  • Aus für das TAG

    Aus für das TAG

    Eine Theaterepoche geht mit 27. April 2025 zu Ende. Kürzlich haben sich nach einer intensiven Aufführung des Lear alle SchauspielerInnen und ihr Leiter Gernot Plass in einem Publikumsgespräch verabschiedet.https://www.dastag.at/tagende-detail Das Theater am Gumpendorf geht ab der nächsten Spielsaison in neue Hände über und wird mit einem ganz anderen Konzept neu entstehen.

    Vermutlich betrifft das auch das Logo. Bisher hat jede neue Leitung eines Theaters auch das optische Kürzel für die Spielstätte verändert. Über die Burg habe ich berichtet, das neue tastenartige Modul wird konsequent – aber emotionslos, meine ich – für unterschiedliche Inhalte verwendet.

    Das Burgtheater als bekannteste Bühne in Österreich, vielleicht sogar im deutschsprachigen Raum hat kein Problem mit der Bekanntheit, die auch mit wiederholt neuen Markenzeichen schnell wieder hergestellt ist. Kleineren Bühnen wäre angertaten, hier sorgsamer zu sein. Das Volkstheater hat Logo-mäßig ebenfalls mehrere Metamorphosen erfahren. Der Rote Stern für die Zeit von Michael Schottenberg erschien 2005 am Dach des Hauses, eigentlich kein Stern sondern ein Kranz von Vs. Trotzdem heftig diskutiert, weil eben radikale Veränderung.

    2014 übernahm Anna Badora und wählte ein Logo mit quergestelltem O. Ordnung wieder hergestellt, Auffälligkeit durchaus gegeben.

    Ab der Spielzeit 2020/21 unter Kai Voges wurde als Logo ein prägnantes Kürzel entwickelt. Ob es allen Menschen, die Zielgruppe des Volkstheaters sein könnten, auch zugänglich ist?

    Der neue Auftritt des TAG, wenn es dann noch so heißt wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Neues Konzept, neue Zielgruppe – das TAG Publikum wird vielleicht ein anderes Zuhause suchen müssen. Alles Gute den Schauspielerinnen und Schauspielern, der Geschäftsführung und – es war großartig!

  • Das Zahnpulver meiner Kindheit 

    Das Zahnpulver meiner Kindheit 

    Für diese Marke haben deutsche Kreativagenturen den, wie sie sagen ersten TVSpot entwickelt, der ausschließlich mit KI produziert wurde. Die 100 jährige Geschichte der Marke wird durch Konsument:innen der unterschiedlichen Dekaden repräsentiert, wobei nicht nur die Personen und ihr Styling sondern auch die Hintergründe der Jahreszahl angepasst sind. Das Ergebnis ist eindrucksvoll.  https://www.lacalut.de/  Aber was bedeutet es für Agenturen, Kreative und Filmschaffende?

    Die Vorbereitungsarbeiten für den KI generierten TV Spot waren umfangreich – gut vorstellbar – mit vielen Überarbeitungsschleifen, Zwischen- und Korrekturschritten und neuerlichen Überarbeitungen verbunden. Diese Arbeit wird den Kreativen nicht abgenommen. https://www.welt.de/kultur/article255673084/Zahnpasta-Werbung-Hier-wird-Geschichte-mit-KI-weggelaechelt.html?icid=search.product.onsitesearch  Das Prompting ist die Hauptarbeit, die bleibt. Doch die Vielfalt der Tools für Bild- und Videogestaltung ist beeindruckend und wird immer noch größer.

    Die düstersten Konsequenzen könnten sein: Kreative werden arbeitslos, weil Wenige die Arbeit von Vielen machen können, Film- und Videoproduktionen wie auch Tonstudios werden überflüssig, die Rechenkapazitäten der Agenturen steigen dafür enorm an.

    Als Konsument:innen werden wir mit einer zunehmenden Flut von Werbevideos konfrontiert. Instagram und TikTok zeigen vor, wie es geht. Jeder Suchvorgang nach einer spezifischen Information auf Google oder einer anderen Suchmaschine mündet bereits jetzt in ein Konvolut von eingebetteten Werbevideos, bevor ich dazwischen oder dahinter die gesuchte Information finde.

    Ich rechne mit einem sukzessiven Übergang von handmade zu KImade. Kreativschaffende werden lernen, mit den Tools umzugehen, und in neu entstehende Geschäftsfelder einsteigen. Die Kund:innenansprache wird noch differenzierter werden, um Verkäufe anzuregen. Und Werbevideos werden letztendlich für mich persönlich produziert werden, weil es doch so einfach geht.

    Das Positive im Vergleich zur politischen Information: der Wahrheitsgehalt muss gegeben sein, sonst wird der Umsatz nicht funktionieren.

  • Warum ist Johann Strauß nach 200 Jahren wichtiger als nach 199 oder 198?

    Warum ist Johann Strauß nach 200 Jahren wichtiger als nach 199 oder 198?

    Sein Oeuvre ist unverändert, aber 2025 wird er ein ganzes Jahr lang in die Auslage gestellt und es walzert häufiger als sonst. Doch er ist nicht der einzige. Marc Chagall starb vor 40 Jahren – die Albertina hat ihn gewürdigt. Für Schönberg wurde das ganze vorige Jahr “Schönberg 150“ zelebriert. Die Salzburger Festspiele feierten vor einigen Jahren mitten in Corona-Zeiten den 100sten.

    Aber nicht nur kulturgeschichtliche Ereignisse werden vor den Vorhang und auf die Bildschirme gebracht. 80 Jahre Befreiung von Auschwitz-Birkenau, Bomben auf Hiroshima und Nagasaki, Ende des 2. Weltkriegs und damit verbundene Ereignisse sind gegenwärtig vielen Medien einen Schwerpunkt in ihrer Berichterstattung Wert.

    Was fasziniert uns an runden Zahlen? Am meisten an super-runden, wie y2k? Weil sie leichter zu merken sind?

    Zuerst repräsentieren sie einmal eine Etappe in der Geschichte. Auch in der eigenen. Der Geburtstag ist für viele Menschen eine Zäsur – „was, schon 30?“ – auch der 40er und besonders der 50er. Ab dann wandelt sich die Bedeutung in ein „noch immer“, man hat es bis hierher geschafft. Und weiter geht’s. Man lebt noch.

    Das Etappenziel gilt auch für Firmenjubiläen. 5 Jahre klingt fast lächerlich, aber es kann schon stolz machen, wenn ein Unternehmen die ersten schwierigen Jahre überlebt hat. Doch üblicherweise werden lange Firmenlebenszeiten gefeiert. „200 Jahre Wiener Städtische Wechselseitige Versicherung,“ „200 Jahre Lobmeyr.“ Die Faszination von runden Zahlen werde ich nicht ergründen, doch die Attraktivität für die Unternehmen ist nachvollziehbar: mehr positive Öffentlichkeit, indem die eigene Leistung einer Epoche kommuniziert wird, seien es 20 oder 120 Jahre. Es ist der Anlass für besondere Konditionen für die Kunden, für Lob und Prämien für die Mitarbeiter:innen, für Social Events, für Motivation, für die Beziehungspflege, Auslöser für Zukunftsenergie, vielleicht mit einem Investitionsschub verbunden.

    Ich meine, Jubiläen sind für das Unternehmen intern wichtiger als nach außen. Außer einem flüchtigen AHA, die sind schon 70 Jahre am Markt, und dem gesteigerten Zugriff bei Sonderangeboten ist die Wirkung nicht groß und wenig nachhaltig. Vielleicht gewinnt die Marke beim Verbraucher ein bisschen an Gediegenheit und Seriosität. Aber wie das Beispiel Leiner nach 115 Jahren zeigt: muss auch nicht sein.

     

     

     

     

  • Gegründet 1775

    Gegründet 1775

    Wer auf eine so lange Geschichte zurückblickt, hat viel Erfahrung, beweist seine Kompetenz für das Fach und für wirtschaftliche Führungsqualitäten. Ob das auch von Kund:innen geschätzt wird? In diesem Fall ja: die Uhrenmanufaktur Maison Breguet ist erfolgreich etabliert. Die Marke, 1999 von der Swatch Group übernommen, expandiert. https://www.breguet.com/de/breguet-haus

    Was tut ein Gründungsjahr in der Kommunikation für eine Marke?

    Kommt drauf an, nämlich auf die Branche und auf die Markenidentität. Darin muss Tradition und besonderes fachliches Wissen eine Rolle spielen, sonst ist der History-Anspruch belanglos. Für die Horlogerie ist Tradition in der Handwerkskunst ein Kernwert – Breitling 1884, TagHeuer 1860, Vacheron Constantin 1755. Auch für die Porzellanerzeugung: die Meissen Porzellanmanufaktur wurde 1710 von August dem Starken gegründet, nachdem es endlich gelungen war, mit der Feinheit des chinesischen Porzellans gleichzuziehen. Diese Unternehmen sind stolz auf ihre Geschichte der Erfindungen und des exzellenten Handwerks.

    Welche Branchen zählen noch dazu? Bier. Die Branche ist äußerst traditionsbewusst, das deutsche Reinheitsgebot stammt aus 1516. Hier wurde nichts erfunden aber nach dem Ausschlussverfahren präzisiert. Biermarken gehen am offensivsten mit ihrem Gründungsdatum um. Sie drucken es direkt auf das Etikett – Stiegl: „Privat seit 1492“, Hirter 1270, Murauer 1495, Mohren 1763, Gösser 1860, Schladminger 1909 …

    Was bringt das auf der Verbraucherseite?

    Hohe Authentizität eines Gesamtmarkenbildes > Glaubwürdigkeit > Vertrauen > Bestätigung der Markenwahl – schmecken muss es dann auch.

    Wenn die Salzburg Milch heuer 10-jähriges Bestehen gefeiert hat ist das erfreulich für das Unternehmen, aber höchstens für den Lebensmittelhandel von Interesse. Dass H&M sein Gründungsjahr 1947 nicht aktiv nach außen trägt ist klar, weil irrelevant für die Branche. Obwohl wie bei vielen lang zurückliegenden Firmengründungen eine ambitionierte Gründerpersönlichkeit den Anfang machte. Das alleine ist es aber nicht, um mit einer Jahreszahl die Attraktivität zu steigern.

    Deswegen sind es oft Jubiläen, die kurzzeitig als Marketingmaßnahme genützt werden, um Beständigkeit und Qualität einer Marke in das öffentliche Bewusstsein zu tragen. 175 Jahre Lindt&Sprüngli  https://www.lindt.at/lindt-geschichte

    Zu Jubiläen wäre noch mehr zu sagen. Im Standard vom 22.11.2024 wurde das 200 Jahre Firmenjubiläum der Wiener Städtische Versicherungsverein von vorne bis hinten besonders kunstvoll abgehandelt!

     

  • Marken gegen Rechts

    Vor den anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland positionieren sich über 40 Familienunternehmen im Rahmen der Initiative „Made in Germany – Made by Vielfalt“ gegen Fremdenhass.  Fritz-Kola bezieht mit einem eigenen Auftritt Stellung. Anstatt Nichtwähler und Unentschlossene zu belehren, setzen die Bilder auf Plakaten die vielen Facetten der fritz-kola-Community in Szene. „Ohne Vielfalt fehlt viel.“

    „Persönliche Freiheit darf nie auf Kosten anderer Menschen gehen. Daher rufe ich auf, Parteien und Politiker zu wählen, die sich für ein gemeinsames Miteinander einsetzen. Für eine Gesellschaft von Konservativen, Liberalen und Sozialen sowie einem klaren Umweltbewusstsein“, so Mirco Wolf Wiegert, Gründer und Geschäftsführer von fritz-kola. „Ohne eine offene Gemeinschaft wie unsere fritz-kola-Gemeinschaft wäre nicht nur die Gastronomie in Deutschland um einiges ärmer, sondern auch unsere gesamte Kultur würde an Innovation verlieren.“ Gleichzeitig bedankt sich fritz-kola bei seinen Anhängern: „Wir wählen Vielfalt. Danke, dass ihr fritz-kola wählt.“ (meedia.de, aout-drinks.de, https://www.instagram.com/fritzkola/p/C-uSqcIN4zM/ Bildcredit: fritz-kola)

    Die Marke hat vor einigen Monaten einen Design-Relaunch der Produkte durchgeführt, der das Widerständige der Markenpersönlichkeit meiner Meinung nach in der Optik verwässert hat (s. Blogbeitrag von März 2024). Es gibt noch keine Daten zu Erfolg oder Flop. Jedenfalls ist es erfreulich, dass in der Haltung der Marke die Rebellion wach bleibt.

  • Gute Marke, falsche Botschaft – wer kontrolliert was wir essen

    Gute Marke, falsche Botschaft – wer kontrolliert was wir essen

    Alete gewinnt den Goldenen Windbeutel 2024 Alete bewusst Logo

    Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat dieses Jahr die »Obsties Erdbeer-Banane mit Joghurt« von Alete mit dem Negativpreis »Goldener Windbeutel« ausgezeichnet. Bei einer Online-Abstimmung wählten rund 57 Prozent der etwa 56.000 Teilnehmer das Produkt zur »dreistesten Werbelüge des Jahres«.

    Kritisiert wurde die irreführende Bewerbung des Fruchtsnacks »für Kinder« und der Claim »ohne Zuckerzusatz«, obwohl die Obsties zu 72 Prozent aus Zucker bestehen. Obsties dürften nach den Kriterien der WHO angesichts dieses Zuckeranteils nicht an Kinder beworben werden. https://www.spiegel.de/thema/foodwatch 

    Und das, obwohl die ‚Neue Alete‘ sich seit 2020 der bewussten Ernährung verschrieben hat! „Unsere Gläschen, Breie und Snacks für Babys und Kleinkinder in Bio-Qualität kommen ohne Palmöl aus und verzichten auf überflüssigen Zucker.“ Wie das zusammengeht? https://www.aletebewusst.de/das-neue-alete/geschichte

    Alete – eine Marke der DMK Group

    Hinter der Deutschen Milchkontor Group steht die größte Molkereigenossenschaft Deutschlands, die im Eigentum von fast 4.400 Milchbauern ist und knapp 6.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt. Das Jahr 2023 war ein wirtschaftlich schwieriges, das die zu erwartende Kündigung seitens hunderter Bauern und die wahrscheinliche Schließung von Produktionsstandorten zur Folge hat. Da bringt der „Goldene Windbeutel“ nicht gerade eine Stimmungswende.

    Wer klärt uns über Lügen und Täuschung in der Nahrungsmittel-Kommunikation auf?

    foodwatch ist eine Non-Profit-Organisation, die bisher in fünf Ländern (Deutschland, Niederlande, Frankreich, Belgien, Österreich) aktiv ist. Foodwatch ist ein gemeinnütziger Verein, 2002 gegründet, wird durch Spenden finanziert, 45.000 Fördermitglieder, höchstes Organ ist eine Mitgliederversammlung. Geleitet von 2 Vorständen und 81 stimmberechtigte Aufsichtsratmitgliedern. Foodwatch nimmt keine Spenden aus der Lebensmittelindustrie an. https://www.foodwatch.org/de/ueber-uns

    Der VKI Verein für Konsumenteninformation in Österreich und die Stiftung Warentest in Deutschland sind häufige Kritiker von irreführender Produktdeklaration und von Verpackungsunarten. In vielen VKI Vergleichstest werden die guten von den schlechteren Produkten unterschieden und damit indirekt ein Beitrag geleistet, sicher und gesund zu essen. Neben dem Lebensmittel-Check gibt es auch den Greenwashing-Check. https://konsument.at/lebensmittel-check

    Die Lebensmittel Praxis ist mit einer Auflage (Print und digital) von über 60.000 Heften (IVW IV/2023) das mit Abstand auflagenstärkste Magazin für den Lebensmittelhandel. Der Verlag ist Teil der Unternehmensgruppe Landwirtschaftsverlag Münster. Die Zeitschrift berichtet immer wieder über Missstände im  Lebensmittelangebot.  https://lebensmittelpraxis.de/zentrale-management/40084-fake-food-blut-an-gefaelschten-lebensmitteln.html

    Grundsätzlich sorgt das Sozialministerium für klar deklarierte, sichere Nahrungsmittel: „Das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) und das entsprechende Unionsrecht beinhalten Regeln mit dem Ziel, die Lebensmittelsicherheit und den Schutz vor Täuschung zu gewährleisten.“ Eine zentrale Rolle bei der Prüfung hat dabei die AGES, die wir aus der Pandemiezeit gut kennen. https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/Lebensmittel/LM.html

    Gut, dass es darüber hinaus kritische Institutionen und Medien gibt, die auch bekannten und beliebten Marken auf die Finger schauen! Mahlzeit!

  • Dieser Packungsrelaunch verwundert…?

    Dieser Packungsrelaunch verwundert…?

    Nicht jede Veränderung einer Darreichungsform kann überzeugen: Beide Packungen enthalten gleich viele Pastillen gegen Halsweh. In der kleinen bisherigen Faltschachtel waren 20 Stück einzeln in Papier verpackt, und dicht aneinander angereiht. In der neuen großen Schachtel ist genau die selbe Anzahl in zwei Plastik-Tiefziehfolien á 10 Stück zum Herausdrücken verpackt! Was für ein Unding!

    Das ist sowohl in Anbetracht der weltweit gewünschten Kunststoff-Vermeidung absurd, im Hinblick auf Transportvolumen nocheinmal unverständlicher, und für mich als Konsumentin wesentlich unpraktischer, weil ich nicht mehr ein oder zwei Pastillen einfach in die Tasche stecken kann.

    Das Hersteller-Unternehmen Angelini Industries mit dem Zweig Angelini Pharma hat lt. Homepage einen Markenrelaunch durchgeführt, der – von außen betrachtet -akzeptabel gemacht ist. Das Thema Sustainability und Packaging liest sich ambitioniert –

    WASTE REDUCTION
    Viene favorito il contenimento dei rifiuti prodotti, agevolandone il recupero e promuovendo un’accurata differenziazione fin dall’origine, e dell’impatto ambientale del packaging.“

    Auf das Beispiel Tantum Verde trifft das leider nicht zu.

  • AUA ist nicht Lufthansa

    AUA ist nicht Lufthansa

    Die Hartnäckigkeit der derzeitigen AUA – Lufthansa-Gehaltsverhandlungen auf Seiten der Gewerkschaft ist für mich schwer nachzuvollziehen. Aber sogar im Freundeskreis gibt es zwei unterschiedliche Meinungen dazu. Ich sehe das Unternehmenskonstrukt Lufthansa Gruppe mit 13 Tochtermarken, darunter die Marke AUA. Wie kann ihre Belegschaft die gleichen Bedingungen fordern wie ihre Kolleg:innen bei der Lufthansa? AUA ist nicht gleich Lufthansa. Das Mutterunternehmen ist nicht nur eine ganz andere Kategorie als unsere nationale Fluglinie, sondern die AUA ist auch ein wirtschaftlich getrenntes Unternehmen mit einem spezifischen Aufgabenspektrum und dem Ziel von Wertmehrung und Gewinn.

    Die AUA war noch nie sehr profitabel, weil Unternehmensgröße im Flugverkehr eine große Rolle spielt. Eine Angleichung der Gehälter an die der Muttergesellschaft würde zusätzliche Verluste produzieren. Wer sollte für das Defizit aufkommen? Das Lufthansa Management sicher nicht. Der österreichische Staat, weil wir um jeden Preis die eigene Fluglinie halten wollen? Dafür werden weder Steuerzahler:innen noch die EU Verständnis haben.

    Die Konsequenz, wenn die Gewerkschaft obsiegte: Die AUA würde Kosten sparen müssen und in der Folge schlechteres Service anbieten, ihr Angebot downgraden und sogar Mitarbeiter:innen abbauen. Die Marke wäre beschädigt und damit entwertet.

  • Ade, Heart Brand

    Unilever hat vor rund 90 Jahren mit dem Kauf der Marke Langnese die Grundlage für das Eisgeschäft gelegt. Seither ist der Konzern zu einem der größten Speiseeis-Produzenten weltweit geworden. Langnese ist mit dem Markenzeichen der Heart Brand und regionalen Markennamen in vielen Ländern und mit einer Reihe von Submarken und Produkten vertreten.

     

     

     

    Ab den 1960er Jahren wurde nach dem Vorbild der Entwicklung in den USA mit dem Nogger-Follow up „Magnum“ ein Eis für Erwachsene konzipiert und 1989 in Deutschland eingeführt.

    Im Jahr 2000 kaufte Unilever die Marke Ben & Jerry’s, die mit politischem Engagement erfolgreich war, allerdings auch wegen mangelhafter Inhaltsstoffe angegriffen wurde.

    Hauptkonkurrent von Unilever ist Nestlé, das seine im Lauf der Zeit akquirierten Marken Schoeller, Mövenpick, Häagen-Dasz – mit Ausnahme einzelner Länder – vom Joint venture und Vertriebspartner Froneri vertreiben lässt. Dort sind auch Marken von Mondeléz wie Toblerone, Oreo und Milka geparkt. Ein Indiz, dass der Vertrieb von Speiseeis nicht so unkompliziert ist wie der von Schokolade oder Keksen.

    Nun trennt sich Unilever bis Ende 2025 von seinem Eisgeschäft, um sich auf seine Kernbereiche zu konzentrieren, Lebensmittel, Haushalts- und Reinigungsprodukte, Körperpflege und Kosmetik. Das Unternehmen trennt sich auch von 7.500 Mitarbeiter:innen. Schlimm für die Menschen, gut für den Aktienkurs, so beklemmend es auch ist. Zufriedene Aktionäre auch weil Ben & Jerry’s als Marke mit gesellschaftlichen und Umwelt-Anliegen wohl nicht ihren Interessen entgegengekommen ist: LGBTQ+ Aktivitäten wurden unterstützt, ebenso wie Black Lives Matter oder Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel.

    Der Aufbau von Marken wurde doch gut gemanagt? Zu viel Expansion? Schwierige Kühl-Logistik? Zu hohe Kosten? Vielleicht der Auslöser der Bereinigung: eine Markenerweiterung, die nicht zum Markenkern der Muttergesellschaft passt. Denn noch ist gesellschaftliches Engagement der Feind der Aktionäre, die ein solides Geschäft und keine Experimente wollen.

    (Quelle: u.a. NDR vom 19.3.2024, Britannica, The Editors of Encyclopaedia. „ice cream“. Encyclopedia Britannica, 19 Mar. 2024, https://www.britannica.com/topic/ice-cream. Accessed 19 March 2024.)
  • Lindt gibt es billiger

    Lindt gibt es billiger

    Ob es eine gute Strategie ist, die Premium Marke Lindt mit neuen Produkten auf einer preislich günstigeren Ebene zu erweitern? Lindt für preisvergleichende Konsument:innen? Alle Begründungen sind nachvollziehbar –

    Adalbert Lechner, CEO Lindt & Sprüngli: Die Volumenentwicklung am Schokolademarkt ist letztes Jahr an uns vorbeigegangen. Die Konkurrenten Milka und Ritter Sport liegen preislich deutlich unter unseren Maître Chocolatier-Marken, und die Konsument:innen haben preisbewusster eingekauft. (HORIZONT 12.3.2024)

    Trotzdem stellt sich die Frage, ob diese Rechnung nicht zulasten des über lange Jahre aufgebauten Markenkapitals aufgeht. Eine billigere Lindt-Schokolade kann nur billiger sein – und weniger gut schmecken – weil sie weniger qualitätvolle Inhaltsstoffe hat. Das widerspricht dem Premiumanspruch.

    Gibt es Analogien? Wenige. Meistens wird eine günstigere Zweitmarke eingeführt, wenn es um Marktausschöpfung geht, allerdings um den Preis einer Marketinginvestition in den Aufbau einer neuen Marke. HUGO BOSS hat die Marke für zwei Zielgruppen geteilt, um den Markt differenziert zu bearbeiten, mit dem Vorteil, dass beide Namen vorher schon bekannt waren.

    Die Strategie der Sparversion einer Premium Marke, die Lindt jetzt plant, der Mercedes A1 hat vermutlich dazu beigetragen, dass der Abstand im Markenwert zu BMW kleiner geworden ist. Die preisliche und qualitative Annäherung an Milka und Ritter könnte ebenso wirksam werden.

    Lindt & Sprüngli plant zumindestens keine Änderung der Vertriebsstrategie, so viel Premium muss bleiben.