Die Gründergeneration deutscher Urgroßväter hat Beachtliches für die Markenwelt getan. Erfindergeist stand am Anfang, der auf die Wahrnehmung eines Problems eine Antwort gegeben hat. Aber auch großes Marketinggeschick. Dr. August Oetker hat das Backpulver nicht erfunden, aber zu einer Marke gemacht – Backin. Die Idee des Apothekers Karl August Lingner, die Mundpflege der Deutschen zu verbessern war die Geburtsstunde von Odol. Hermann Bahlsen gründete die Hannoversche Cakes Fabrik und hat mit Leibnitz Cakes, eingedeutscht Keks, ein Markenmonument geschaffen – alles vor dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Wie geht es diesen Unternehmen heute? Die Familien Oetker und Bahlsen sind vier Generationen lang gewachsen und haben sich verzweigt: Werner M. Bahlsen übergibt nach einigen Turbulenzen um die Tochter Verena und ein verlustreiches Jahr 2018 das Unternehmen an die nächste Generation. Johannes und Andreas Bahlsen werden Mitglieder des Verwaltungsrates, Verena Bahlsen repräsentiert als aktive Gesellschafterin die vierte Generation im Unternehmen. Allerdings wird ein familienfremder Manager, Phil Rumbol neuer CEO von Bahlsen.

Die Marke Odol verlor ihren familiären Unternehmensaspekt, sie wurde zunächst von Preussag, dann von Beecham übernommen und zur Dachmarke für Dr. Best und Odol med3 ausgebaut. Heute ist sie durch weitere Zusammenschlüsse und Übernahmen im Eigentum der börsennotierten GSK GlaxoSmithKline im Markenportfolio von Consumer Health Care.

Über Oetker lesen wir dieser Tage von veritablen Familienauseinandersetzungen. Der Konzern ist aus markentechnischer Sicht extrem gut aufgestellt mit einer Mischung aus Dach- und von Oetker losgelösten Marken. Im Hauptumsatzbereich Nahrungsmittel, zB im Pizzageschäft ‚Ristorante‘ oder ‚Pietro Pizzi‘ dient die Unternehmensmarke Dr. Oetker als solider Verstärker. Grundprodukte wie Backpulver oder Pudding firmieren traditionell nur mit der Unternehmensmarke. Coppenrath&Wiese kommt völlig ohne sie aus, die Alleinstellung der tiefgekühlten Torten vermeidet die Anlehnung an Backpulver. Radeberger, das größte private Brauereigruppe Deutschlands hingegen deklariert sich als Teil der Oetker-Familie. Da stärken sich zwei Große gegenseitig.

Trotz – oder wegen? – aller Markenperfektion: Ein Konzern und acht Erben aus drei Ehen, die sich darum streiten – schon seit Rudolf August Oetker, der Enkel des Firmengründers, also die 3. Generation im Jahr 2007 verstorben ist. Jetzt wird die Gruppe, die aus 442 Unternehmen besteht und im Vorjahr einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet hat, zerschlagen.

Details siehe auch unter

https://www.derstandard.at/story/2000128418990/ende-eines-erbitterten-erbstreits-dr-oetker-wird-aufgeteilt

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/dr-oetker-laesst-sich-scheiden-geschichte-einer-milliardenschweren-fehde-17461020.html